Was eine Pandemie mit dem Gärtnern zu tun haben kann? In meinem Fall, geradezu existenziell viel.
Zu Beginn der Pandemie war ich als Galerie-Managerin in einer zeitgenössischen Kunstgalerie tätig. Eine Vollzeitstelle, die mehr als nur meine volle Zeit in Anspruch nahm. Mein Alltag war weniger kreativ, als man sich das möglicherweise vorstellt, meine Flexibilität eingeschränkt. Kurzum: Ich fühlte mich in der Branche einfach nicht zu Hause.
Während die einschneidende Erfahrung der Pandemie für einen Großteil der Menschen eher beängstigend und besorgniserregend war, so durfte ich in dieser Zeit feststellen, dass es manchmal äußere Umstände benötigt, um einen großen neuen Schritt zu wagen. Und diesen großen Schritt sollte das Gärtnern für mich bereithalten.
Während also Schritt für Schritt immer mehr Einschränkungen des gewohnten alltäglichen Lebens Einzug hielten, verschlug es mich mit jedem Tag mehr in die Natur. Der Frühling stand vor der Tür – die Zeit der großen Aussaat stand in ihren Startlöchern. Alles um uns herum begann zu schließen, aber es eröffnete sich mir eine alte Welt, der ich zuvor viel zu wenig Aufmerksamkeit widmen konnte.
Viel zu einnehmend war der berufliche Alltag gewesen, um noch Raum für Zeit in der Natur zu lassen. Doch plötzlich schien genau dieser Naturraum das zu sein, was ich am meisten brauchte und was mir viel Kraft spendete. Es ging für mich im wahrsten Sinne des Wortes zurück zu den Wurzeln.
Meinen grünen Daumen und die Liebe zur Natur habe ich meiner Familie zu verdanken: Als Gärtner und Förster gab mein Großvater diese Affinität an meine Mutter weiter, die sie später mir vererben sollte. Was mir vorher als schöner Zeitvertreib erschien, stellte sich während der Pandemie als tiefschlummernde Leidenschaft heraus, aus der so viel Gutes erwachsen konnte.
Nichts gab mir so viel Zuversicht, so viel Hoffnung wie ein Saatkorn, dessen Entwicklung ich vom Samen bis hin zur Blüte verfolgen durfte.
Eine geradezu kindliche wie magische Faszination war wieder in mir entfacht. Schnell wurde ein ziemlich kahler und trister sechs Meter langer Südseiten-Balkon immer voller und voller. Balkon-Hochbeete zogen ein, erst einer, dann zwei. Alle Gefäße, die in irgendeiner Weise bepflanzt werden konnten mussten als Pflanzgefäße herhalten. Eine kleine Großstadt-Oase entstand.
Obwohl mitten in der Stadt, gab mir die Arbeit ‚in der Natur’ beim Balkon-Gärtnern so viel zurück. Berufliche Ungewissheit und Sorgen wurden immer leiser, je mehr ich mich mit den Händen in der frischen Erde verlor. Das Entdecken von Würmern im Wurmhumus, welchen ich auf einem Berliner Wochenmarkt gekauft hatte, neue Keimlinge, die aus der Erde sprießen und erste Blüten verwandelten eine herausfordernde Zeit für mich in eine Zeit der Entdeckung und Rückbesinnung auf das Wesentliche.
Was zunächst als Hobby erschien, entwickelte sich zur beruflichen Selbstständigkeit: Ich wagte den Schritt der Unternehmensgründung und startete mit dida seeds (auf Kroatisch Opa) einen Onlineshop für biologisches Saatgut.
Es ist nachweislich förderlich für die Gesundheit, Zeit in der Natur zu verbringen - der internationale Forschungsstand ist sich in dieser Hinsicht einig. Allein eine halbe Stunde vom satten Grün umgeben zu sein, kann sich nachweislich auf folgende Aspekte positiv auswirken, wie z. B.:
Dabei muss es nicht immer ein Ausflug in ein ferngelegtes Naturschutzgebiet sein. Auch der Park vor der Haustür, der Besuch im Gemeinschaftsgarten oder nächstgelegenen Waldstück können diese Effekte auf unseren Körper haben.
Eine aus Japan stammende Praxis, das sogenannte „Waldbaden“ (Shinrin-Yoku auf Japanisch), wurde beispielsweise bereits in den 80er-Jahren konzipiert und wird als anerkannte Therapieform praktiziert. Es geht im Kern darum, Achtsamkeit und das bewusste Sein und Wahrnehmen in der Natur zu praktizieren.
Insbesondere für Menschen, die in der Großstadt leben und die wildgelassene Natur als weit entfernt wahrnehmen, kann das Bedürfnis nach einem ‚Stadt-Detox‘ immer lauter werden. Wie die Psychologin Sue Stuart-Smith in ihrem Buch „Vom Wachsen und Werden“ ganz treffend beschreibt, wird „unsere allgemeine Lebensweise zunehmend urban und technologieabhängig, daher ist es vielleicht wichtiger denn je, die vielfältigen Interaktionsprozesse zwischen unserer Psyche und dem Garten zu verstehen.“
Für mich bedeutet das Gärtnern auf dem Balkon, die Zeit vergessen zu können, meinen Gedanken auf natürliche Weise freien Lauf zu lassen, bis sie sich von selbst ordnen können, auch einmal an nichts zu denken und einfach nur die Hände arbeiten zu lassen.
Es schärft all meine Sinne und hilft mir, im Moment zu sein. Es gibt wenige Aktivitäten, die mich im wahrsten Sinne des Wortes so erden, wie es das Gärtnern tut. Sobald ich meine Hände in die Erde stecke, betrete ich eine andere, ruhigere Welt - und das obwohl unser Balkon zu einer sehr lautstarken, viel befahrenen Straße hinausgeht.
Es ist erstaunlich, wie sich diese manuellen Aktivitäten auf Gemüt und Körper auswirken können: Das Umtopfen gibt das Gefühl Raum zu schaffen. Das Entfernen abgestorbener Blätter an Pflanzen, die Pflege kleiner Keimlinge die so zart vor sich hin gedeihen, dass man sie am liebsten mit den Händen vor Wind und Wetter schützen würde - es sind all diese kleinen Praktiken, die ein sehr wertschätzendes Gefühl erwecken.
Man pflegt beim Gärtnern eben nicht nur die äußere Fläche. Man pflegt dabei vor allem das, was tief im Inneren liegt.
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